Viele haben es ihm zugetraut, aber wahrscheinlich nur die wenigsten damit gerechnet. Der erst 20-jährige Carlos Alcaraz bezwingt Wimbledon Hausherr Novak Djokovic auf „seinem“ Centre Court im Finale der Wimbledon Championships 2023. Das Traum-Finale zwischen der Nummer 1 und 2 des Turniers war dabei ein hochklassiges Duell zweier absoluter Top-Athleten mit sehenswerten Ballwechseln auf höchstem Niveau – und das nachdem in Satz eins Wimbledon Spezialist Djokovic seinen Kontrahenten fast an die Wand gespielt hatte und mit 6:1 in Führung ging.
Starker Start von Djokovic
Dass Djokovic am Centre Court in Wimbledon eine schier unbezwingbare Größe ist, das zeigen die Statistiken deutlich. Der Serbe war bis zum Duell mit Alcaraz seit 10 Jahren auf dem Centre Court ohne Niederlage und hat in Wimbledon eine unglaubliche Win-Loss Statistik von 92-11. Und der Djoker zeigte sich in Satz 1 recht humorlos – führte Alcaraz bisweilen vor. Alles schien angerichtet für den 8. Wimbledon Titel für Djokovic. Damit hätte der Serbe mit Roger Federers Rekord gleichgezogen und zudem seinen 24. Major Titel geholt – alleiniger Grand Slam Rekord.
Alcaraz antwortet mit Attacke in Satz 2
Und hier kündigte sich schon an, was den weiteren Matchverlauf entscheidend prägen sollte: die mentale Stärke von Carlos Alcaraz. Hatte der junge Iberer bei seinem Halbfinal Duell mit Djokovic bei Roland Garros 2023 noch fahrig und nervös gewirkt, so ruhig und überlegt zeigte sich „Carlitos“ nach der heftigen Klatsche in Satz 1 gegen die serbische Tennis-Ikone. Respekt, ja – aber keine Angst vor dem 23-fachen Grand Slam Sieger. Wo andere Spieler in so einer Situation ihre Taktik hinterfragen würden blieb Alcaraz cool und vertraute auf seinen Game Plan und seine Stärken. Das sollte sich dann auch bezahlt machen.
Im Tie Break des zweiten Satzes konnte sich Alcaraz dann einen Satzball erspielen den er mit einem fulminanten Return auch holte – Ausgleich. Im anschließenden dritte Satz überfuhr ein völlig entfesselter Alcaraz dann Djokovic, der noch sichtlich mit dem verlorenen Tie Break in Satz zwei haderte, mit 6:1.
Djokovic schlägt zurück und erzwingt Entscheidungssatz
Mit neuem Schwung in Satz 4 schaffte Djokovic eine deutliche Leistungssteigerung und erkämpfte sich ein hartes Break zum 3:2. Alcaraz hatte keine Antwort mehr auf das Aufschlagspiel des Serben zu geben und Djokovic holte sich Satz 4 mit 6:3. Zu diesem Zeitpunkt war der 36-jährige aus Belgrad wieder der Favorit bei den Wettquoten der Tennis Buchmacher. Einen Djokovic am Centre Court in Wimbledon über 5 Sätze schlagen? Das erschien zu diesem Zeitpunkt ein unlösbare Aufgabe zu sein. Doch Alcaraz zeigte einmal mehr, warum er die Zukunft des Herrentennis ist.
Beim Stand von 2:1 nahm Alcaraz Djokovic den Aufschlag ab und brachte damit das Momentum auf seine Seite und seinen Gegner zur Weißglut. Unschön: Djokovic ließ seinen Frust an der historischen Netzsäule des Centre Court aus – was ihm einige Buhrufe einbrachte.
Vielseitiger Alcaraz zu viel für Djokovic
Alcaraz servierte auf diesen Breakpoint hin überragend und fast schon gespenstisch souverän, glänzte im entscheidenden Satz dann noch mit atemberaubenden Stop-Lob Kombinationen. Die Variabilität des jungen Mannes aus Murcia war dabei die Trumpfkarte. Auf harte Vorhand und Rückhand Schläge folgt plötzlich ein filigraner Vorhand Stopp aus dem Handgelenk – Djokovic kann den Ball dann noch erreichen, wird aber per Lupfer düpiert. In diesen Situationen wird klar ersichtlich, wie wohl sich Alcaraz auf dem heiligen Rasen von Wimbledon fühlt – pure Spielfreude, unbekümmerter Spielwitz – und das im entscheidenden Aufschlag-Game im 5. Entscheidungssatz gegen den besten Grand Slam Spieler der letzten 10 Jahre:
Das Beste aus drei Welten – entzauberter Djoker zollt Alcaraz Respekt
Nach dem Spiel zollte Djokovic Alcaraz Respekt. Er habe noch nie gegen so einen Spieler wie ihn gespielt – Alcaraz vereine die Stärken aller Big Three, also Federer, Djokovic und Nadal in sich. Dass man sich von „Carlitos“ noch einiges erwarten darf, das dürfte mittlerweile allen klar sein, dass er aber schon so schnell auch auf Rasen die Konkurrenz überholen würde, das war dann doch eine Überraschung.
Das gab auch Djokovic in der Pressekonferenz nach der Finalniederlage zu. Mit der Aussicht auf die US Open geht es aber nun wieder auf die Hartplatz-Saison im ATP Spielplan hin. Für New York wünscht sich Djokovic übrigens eine Revanche für die Wimbledon Niederlage – da ist er sich mit den meisten Tennis Fans wohl einig. Die aktuellen Langzeit US Open Quoten gibt es bei uns natürlich jetzt schon.